Freundlich sind die Leute. Weshalb dies bemerkenswert ist, an erster Stelle ? Weil es die Vorurteile widerlegt, die in manch einem Gespräch vor Antritt der Reise in die Autonome Region Kurdistan (Irak) mehr oder weniger unterschwellig kamen. Wir haben zu sehr das von den Medien vermittelte Bild der Kriegs- und Krisenregion Irak vor Augen, kennen aber offenbar zu wenig die Entwicklung und die Geschichte, schon gar nicht die Realität dieser Region, dieses Landes, das kein Staat sein darf.
Die Freundlichkeit äußert sich in vielen kleinen Eindrücken. Aber man sieht sie vor allem am Umgang der Menschen auf der Strasse, im Basar, im Restaurant miteinander und mit Fremden wie mir. Man wird gefragt, woher man kommt, man will sich mit mir Fotographieren lassen (alle fotographieren ständig, am liebsten sich gegenseitig), es wird so lange jemanden mit Englisch- oder Deutschkenntnissen gesucht, bis man sich verständigt hat. Man läuft über die Strasse und wird – als Fremder selbstverständlich erkannt – ‚welcome to kurdistan‘ begrüßt und angesprochen, woraus sich kurze, angenehme Gespräche entwickeln. Gastfreundlichkeit im besten Sinne.
Dieser Eindruck, willkommen zu sein, ergänzt sich durch das Gefühl, dass durch den seit Jahrzehnten fehlenden Massentourismus hier auch die einschlägigen negativen Seiten fehlen. Strassenkriminalität scheint es nicht zu geben, man wird wie gesagt angesprochen, aber nicht nur um in ein Touristenfallen-Restaurant gelotst zu werden, die Geldwechsler auf der Strasse scheinen genauso ehrlich wie die Taxifahrer zu sein. Nur nebenbei: Es gibt zwar Banken und mittlerweile zumindest hier in Erbil auch wieder Geldautomaten, aber keine Wechselstuben, wie ich sie aus Südeuropa und andernorts kenne. Und Taxameter kennt man nicht, die Taxipreise in der Stadt sind dennoch immer gleich und günstig.
Die kleinen Geschichten am Rande in einem doch zumindest unbekannten Land, dessen Kultur wir aber eigentlich ganz gut kennen. Die Einreise in die Autonome Region Kurdistan ist – zumindest über den Flughafen Erbil (IATA: EBL) – einfach mit dem Reisepass möglich. Ein Visum muss erst vor Ort beantragt werden, wenn der Aufenthalt länger als 10 Tage dauern soll. Der – natürlich freundliche – Beamte (wenn es denn hier so etwas doch irgendwie typisch deutsches überhaupt gibt) am Schalter hat anscheinend bisher noch keinen deutschen Pass gesehen. Er fragte mich nach meinem Namen, schaute unsicher alle Seiten durch – da kam ihm auch schon ein Kollege zu Hilfe. Der schaut kurz in den Pass, raunzt den jungen Kollegen an, das seit ein deutscher Pass, fragte mich, wie lange ich bleiben will, mahnte die 10-Tage Frist an und winkte mich durch. Der Zoll hat sich übrigens überhaupt nicht für die ankommenden Gäste interessiert. Schön wäre es, wenn dies bei der Wiedereinreise in die EU auch so wäre: Bei einem Preis für ein Päcken Kippen von ca. 80 Cent.
Die Hürde Einreise war also genommen, also den anderen Passagieren nach durch das nagelneue, derzeit noch deutlich überdimensionierte, aber Zukunft hoffentlich besser ausgelastete Flughafengebäude. Vor dem Flughafen ein paar wartende Businessleute, Taxis und ein Bus ohne Zielangabe (nicht, dass ich die hätte lesen können), in den aber alle Einheimischen mit schwerem Gepäck einstiegen. Ich also hinterher, der Bus wird schon irgendwie Richtung City fahren. Das tat er auch. Aber nur ca. 2 km an die Grenze des Flughafengelaendes. Hier stand eine Menge an Abholern und Begruessern. Grosses Hallo, Kindergeknuddel, Küsschen – aber natürlich nicht fuer mich, sondern selbstverständlich für die Heimreisenden im Bus. Als solche erkennbare Taxis gab es auf diesem Parkplatz leider auch keine, aber ein freundlicher Security-Mitarbeiter, der mir einem Wagen heranruft. Das Taxi-Schild lag im Kofferraum, muss wohl irgendwann abgefallen sein. In sportlicher Fahrweise ging’s dann Richtung City, nach 10 Telefonaten und mehrfachen Kollegen anhuben und fragen, hatten wir auch das Hotel gefunden. Ich glaube, sogar auf dem kürzesten Wege.